Die Entstehung der Sortenvielfalt beim Getreide
Historische Berichte belegen, dass Bauern, aber auch Pfarrer und Lehrer und sogar Stadtbewohner, mit verschiedensten Getreidesorten experimentierten und untereinander Saatgut tauschten. Auf diese Weise wurde die Vielfalt vergrößert und zugleich der Anpassung der Pflanzenschädlinge und -krankheiten an wiederholt angebaute Sorten vorgebeugt. Professionelle Saatzüchtereien kamen erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Seit einigen Jahrzehnten konzentriert sich der Saatguthandel weltweit immer mehr auf einige wenige, immer größere Saatgutkonzerne.
Obwohl die Vielfalt an Getreidesorten schier unübersehbar groß ist, sind in Deutschland derzeit beim Bundessortenamt fast nur moderne Hochleistungssorten zugelassen, die besonders ertragreich, schädlings- und krankheitsresistent, außerdem gut transport- und lagerfähig sind. (insgesamt * Getreidesorten, Stand 2006). Züchtungen, die den strengen Kriterien nicht (mehr) entsprechen, werden von den Zuchtfirmen an Genbanken abgegeben. Sie dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Das Gesetz macht allerdings eine Ausnahme, wenn es sich um die Verbreitung nicht zugelassener Sorten zu Züchtungs-, Forschungs- oder Ausstellungszwecken handelt. Auch die Weitergabe zur Erhaltung alter Getreidesorten kann als ein solcher Zweck ausgelegt werden: Schließlich lässt sich das Saat- und Pflanzgut nicht einfach auf Dauer wie im Museum ‚archivieren‘, sondern muss immer wieder neu angebaut werden.
In Zukunft wird es aber in Europa möglich sein, diese alten Sorten als sogenannte Erhaltungssorten anzubauen. Wir werden sie bzw. Produkte daraus dann hoffentlich häufiger auf den Feldern bzw. auf unseren Tellern vorfinden.
Um 1800 noch ergab die Ernte üblicherweise nicht mehr als ein Vierfaches des ausgesäten Korns. Bis 1850 konnte dieser Wert auf das Sechs- bis Zwölffache gesteigert werden. Diese Zunahme ist vorwiegend auf die Verbesserung der Düngung zurückzuführen, aber auch auf die Auswirkungen von Meliorationen (besonders der Drainage) und verbesserte Fruchtfolgen, die den Boden weniger stark auslaugten. Mit der Zunahme des Düngers spielte aber auch der Übergang zu für edler gehaltenen und anspruchsvolleren Getreidearten (Weizen) eine Rolle. In der Gegenwart *
Mit der Auslesezüchtung, bei der gezielt die Samen von Pflanzen mit erwünschten Eigenschaften weitervermehrt werden, wurde etwa seit der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 begonnen. Auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht die Kombinationszüchtung: Dabei werden gezielt Pflanzen miteinander gekreuzt, die die erwünschten Merkmale aufweisen. *Basierend auf Gregor Mendel: Kreuzungsversuche mit Erbsen. 7 bis 15 Jahre dauert es bei Getreide von ersten Kreuzungsversuchen bis zur Zulassung einer neuen Sorte. Die Hybridzüchtung dagegen beruht auf Inzucht basierenden Pflanzen. Als Zuchtziele kommen hohe Qualität, gute Erträge und Ertragssicherheit, Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten und die Anpassung an regionale Anbaubedingungen in Frage. Mit neuen Methoden der Vermehrung (Klonen) und Selektion (In-vitro-Test) ist es möglich, den Vorgang der Pflanzenzüchtung zu beschleunigen. Zuchttechniken (Mutantenzüchtung, Inzucht-Heterosis-Züchtung, Transfer von Genen u.a.).
Im Nahen Osten entstanden aus Wildpflanzen die ersten Kulturformen von Weizen (Einkorn, Emmer, Nacktweizen) und Gerste. zugleich „Be- und Entwässern, Bodenbearbeitung, Entfernen bzw. Fernhalten von tier. und pflanzl. Schädlingen sowie durch Düngung“
Reinigung von Saatgut, Zuchtziele Getreide: größere Körner oder Ähren, basierend auf zufälligen Mutationen, geringere Brüchigkeit der Ährenspindel, um die Ernteverluste zu verringern und eine maschinelle Ernte zu ermöglichen. feste Halme, aufrechter Wuchs, viel Stroh. zeitgleiche Reife aller Ähren.
Heute steht dagegen die Zucht kurzstrohiger Sorten auf dem Programm, da wegen der Verbreitung von Spaltenböden kein Stroh mehr in den Ställen benötigt wird.
Kleine Getreidearten- und -sortenkunde
Weil sie reich an Kohlenhydraten und Eiweiß sind, stellen die verschiedenen Getreidearten weltweit ein Grundnahrungsmittel dar. Entsprechend groß ist die Vielfalt der über die Jahrhunderte entstandenen Getreidearten und -sorten. Während die Namen der verschiedenen Getreidearten oft tief in den jeweiligen Landessprachen verwurzelt sind, werden die alten Sorten oft nach ihren Herkunftsregionen benannt, zum Teil auch nach ihren Züchtern.
Der physiologische und ökonomische Wert der Getreide richtet sich nach der Größe der Körner und der Menge der enthaltenen Stärke, aber auch nach den Klebereigenschaften der Eiweiße, die über die Backfähigkeit entscheiden. Darüber hinaus sind jedoch auch die Anpassung an bestimmte Standorte sowie die Resistenz gegenüber Schädlingen und Krankheiten von Bedeutung.
Bei unseren gebräuchlichsten Getreidearten Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Reis, Hirse und Mais handelt es sich botanisch um Pflanzen aus der Familie der Süßgräser. Daneben werden auch noch Pflanzen wie Buchweizen und Amaranth als Getreide bezeichnet. Der Buchweizen (Fagopyrum esculentum) ist trotz seines Namens ein Knöterichgewächs, Amaranth (Amaranthus caudatus) und Quinoa (Chenopodium quinoa) gehören zur Familie der Meldengewächse.
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